100 % recycelbar? Wie mich eine Mövenpick-Eisverpackung zum Nachdenken brachte
- Jochen Siegle - Reporters For Future
- 9. Juni
- 2 Min. Lesezeit

Ich sitze an diesem sonnigen Nachmittag im Garten. Neben mir: ein Becher Mövenpick-Eis, "Feine Bourbon-Vanille", eiskalt und lecker.
Es ist ein perfekter Frühsommermoment — bis mein Blick auf die Verpackung fällt."100 % recycelbar" prangt groß und selbstbewusst auf dem stabilen Hartplastik-Becher.
Irgendetwas stört mich. So dickes Plastik? Kann das wirklich nachhaltig sein? Während ich weiterlöffle, beginne ich zu recherchieren.
Das Versprechen: Technisch recycelbar
Fakt ist: Die Becher von Mövenpick (hergestellt von Froneri) bestehen vollständig aus Polypropylen (PP), einem gut recyclingfähigen Kunststoff. Deckel und Becher sind aus demselben Material — ohne störende Folien oder Verbundstoffe.
Laut Unternehmen wurde das von Noventiz zertifiziert: Über 44 Millionen dieser neuen Becher sollen 2022 produziert worden sein, rund 120 Tonnen Folie eingespart.
Die Realität: Mischsammlung im Gelben Sack
Doch dann kommt der Haken: Diese Becher landen in Deutschland — wie alle anderen Plastikverpackungen — im Gelben Sack. Und dort beginnt das Problem:
In modernen Anlagen können PP-Becher gut sortiert werden.
In der Praxis sind viele Sortieranlagen nicht optimal eingestellt.
Verunreinigte Becher (z. B. mit Eisklebresten) werden häufig aussortiert und verbrannt.
NGOs schlagen Alarm
Ich stoße auf zahlreiche Berichte:Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und internationale Organisationen wie die Changing Markets Foundation kritisieren solche "100 % recycelbar"-Labels scharf:
👉 Technisch recycelbar ≠ tatsächlich recycelt.👉 Keine Veröffentlichung realer Recyclingquoten — wie viele Mövenpick-Becher tatsächlich zu neuem Kunststoff werden, bleibt unbekannt.
DUH fordert daher ein Verbot solcher Labels, wenn keine belegbaren Recyclingquoten (z. B. >90 %) existieren. Der vzbv spricht von einer "Recyclingillusion", die Verbraucher:innen in die Irre führt.
Fazit: Greenwashing im Becher?
Nach gut einer Stunde Recherche und einem geleerten Eisbecher in der Sonne bin ich ernüchtert:Ja — der Mövenpick-Becher ist technisch recycelbar. Aber in der deutschen Praxis bleibt es reines Glück, ob er wirklich im Recycling landet oder im Ofen.
Für mich persönlich ist das Greenwashing: Ein positives Öko-Image wird vermittelt, während das System im Hintergrund noch lange nicht so funktioniert, wie es das Label suggeriert.
Was bleibt?
Ich werde künftig genauer hinschauen — und mir bei solchen "100 % recycelbar"-Versprechen zweimal überlegen, was ich kaufe. Und vielleicht gibt es ja bald Alternativen zu dickem Hartplastik für den sommerlichen Eisgenuss.
👉 Quellen: DUH, Verbraucherzentrale, Changing Markets Foundation, Herstellerangaben Froneri/Mövenpick.
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