Buch „Nord Stream“: Wie Deutschland Putins Krieg mitfinanzierte
- Jochen Siegle - Reporters For Future
- 8. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Ein neues Enthüllungsbuch zeigt, wie Deutschland jahrelang durch Gasgeschäfte mit Russland indirekt den Krieg gegen die Ukraine unterstützt hat. Über 104 Milliarden Euro zahlte Deutschland seit 2014 für russisches Gas – trotz Warnungen aus der Ukraine, Polen und den USA.
Warnungen ignoriert, Rubel kassiert
Die Autoren Steffen Dobbert und Ulrich Thiele berichten in ihrem Buch „Nord Stream. Wie Deutschland Putins Krieg bezahlt“ (Klett-Cotta), wie es zu dieser engen Verbindung kam. Sie stützen sich auf zehntausende geheime Dokumente und über 100 vertrauliche Gespräche. Viele deutsche Politiker und Organisationen machten sich trotz der Risiken abhängig von russischem Gas.
Schröders Wechsel zu Gazprom
Ein Schlüsselakteur: Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der wenige Wochen nach seinem Amtsende 2005 Aufsichtsratschef bei Nord Stream AG wurde – einer Tochter des russischen Energiekonzerns Gazprom. Dafür erhielt er jährlich 250.000 Euro – zusätzlich zu seinem Ruhegehalt als Altkanzler.
Merkel und der alte Ostpolitik-Gedanke
Auch unter Angela Merkel hielt Deutschland an der Idee fest, durch wirtschaftliche Zusammenarbeit Wandel zu erreichen. Der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte das „Annäherung durch Verflechtung“. In Mecklenburg-Vorpommern wurde sogar eine „Umweltstiftung“ gegründet, um US-Sanktionen zu umgehen und Nord Stream 2 fertigzustellen.
Sicherheitsdaten an Russland?
Laut Buch gaben Behörden in Mecklenburg-Vorpommern auf Druck von Nord Stream sogar geheime Bundeswehr- und NATO-Daten weiter – ein besonders brisanter Vorwurf. Damit hätte Russland Zugriff auf sensible Informationen erhalten.
Frühzeitige Warnungen vor Krieg
Bereits 2018 warnte der ukrainische Energiekonzern Naftogaz die Bundesregierung vor einer möglichen russischen Invasion. Die Reaktion des Kanzleramts: Man sei über das Risiko informiert, rechne aber mit weniger Geflüchteten. Die Bundesregierung unter Merkel lehnte es ab, mit den Autoren über die Vorwürfe zu sprechen.
Wer sprengte die Pipelines?
Auch die Sabotage von Nord Stream im Herbst 2022 wird thematisiert. Die Autoren halten es für unwahrscheinlich, dass allein die Ukraine dahintersteckt. Kurz zuvor waren russische Spezialschiffe in der Nähe der Pipelines gesichtet worden.
Medien und Lobby-Einfluss
Nicht nur die Politik, auch deutsche Medien werden kritisiert. Einige Journalisten – darunter der ehemalige „Zeit“-Herausgeber Theo Sommer – verbreiteten jahrelang russlandfreundliche Inhalte. Zeitweise wurden kritische Stimmen sogar intern zum Schweigen gebracht.

Das Buch ist ein wichtiges Dokument darüber, wie politische Interessen, wirtschaftliche Abhängigkeit und mangelnde Kritikfähigkeit dazu beitrugen, dass Russland seinen Krieg gegen die Ukraine finanzieren konnte.
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